PROF MARTINY WS 200607 INTERNATIONALES PRIVATRECHT II ARBEITSPAPIER ELTERNKINDVERHÄLTNIS

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PROF MARTINY WS 200607 INTERNATIONALES PRIVATRECHT II ARBEITSPAPIER ELTERNKINDVERHÄLTNIS


PROF

Prof. Martiny WS 2006/07

Internationales Privatrecht II

Arbeitspapier

Eltern-Kind-Verhältnis

Abstammung


A. Schrifttum

Lehrbücher: Andrae2 § 5;v. Bar IPR II § 2 VIII; v.Hoffmann/Thorn IPR8 § 8 G Rn. 122-139; Junker Rn. 550-567; Kegel/Schurig IPR9 § 20 X; Kropholler IPR6 § 48 IV; Rauscher2 T. 3 Abschn. D ; Siehr § 7

A. Fälle

Fall 1"Spanische Mutter“

Die Spanierin Dolores ist Mutter eines nichtehelichen Kindes. Sie hat ihre Mutterschaft nicht anerkannt, wurde allerdings als Mutter in das Geburtenbuch eingetragen. Genügt das?

Fall 2 „Deutsch-französisches Paar“

Der Franzose François und die Deutsche Claudia begründen ihren ersten ehelichen Wohnsitz in Deutschland. Nach welchem Recht richtet sich die Abstammung ihres Sohns Charles?

B. Eheliche Abstammung

I. Abstammungsstatut

1. Abstammung

a) Seit 1.7.1998 unterscheidet die gesetzliche Regelung in Art. 19 - 21 EGBGB nur noch zwischen der Abstammung, ihrer Beseitigung sowie dem Inhalt des Eltern-Kind-Verhältnisses, aber nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Bei der ehelichen Abstammung geht es vor allem um die gesetzlichen Vaterschafts- bzw. Empfängnisvermutungen. Bei der nichtehelichen Kindschaft handelt es sich um Mutterschaft (Geburt, Anerkenntnis) und Vaterschaft (Anerkenntnis, gerichtliche Feststellung, Anfechtung des Anerkenntnisses).

b) Als vorrangiger multilateraler Staatsvertrag ist zu beachten das CIEC-Übereinkommen über die Feststellung der mütterlichen Abstammung nichtehelicher Kinder vom 12.9.1962 (u.a. im Verhältnis zu Luxemburg und Spanien). Die mütterliche Abstammung des Kindes gilt durch die Eintragung einer Frau als seine Mutter festgestellt (Art. 1). Ein nach dem Abstammungsstatut etwa erforderliches Mutterschaftsanerkenntnis ist damit entbehrlich (Fall 1).

2. Anknüpfung

a) Zur Förderung der Abstammung besteht Alternativität und im Ergebnis das Günstigkeitsprinzip:

(1) Die Abstammung eines Kindes unterliegt in erster Linie dem Recht des Staates, in dem das Kind jeweils seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, Art. 19 S. 1 EGBGB. Es besteht Wandelbarkeit.

(2) Die Abstammung kann im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört, Art. 19 S. 2 EGBGB. Auch diese Anknüpfung ist wandelbar.

(3) Ist die Mutter verheiratet, so kann die Abstammung ferner nach dem Recht bestimmt werden, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Artikel 14 I EGBGB unterliegen. Es gilt also das gesetzliche Ehewirkungsstatut (mithin die "Leiter" des Art. 14 I EGBGB: gemeinsames Heimatrecht, gewöhnlicher Aufenthalt, engste Verbindung) (Art. 19 S. 3 HS 1 EGBGB). Eine etwaige Rechtswahl bleibt unberücksichtigt. Die Abstammung des Kindes eines deutsch-ausländischen Ehepaares mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland richtet sich daher nach deutschem Recht (§§ 1591 ff. BGB) (Fall 2). Die kollisionsrechtliche Vorfrage der Existenz der Ehe der Mutter ist selbständig anzuknüpfen.

b) Ist die Ehe vor der Geburt durch Tod aufgelöst worden, so ist der Zeitpunkt der Auflösung (unwandelbar) maßgebend (Art. 19 S. 3 HS 2 EGBGB).

c) Umstritten ist, in welchem Umfang Rück- und Weiterverweisung (Art. 4 I EGBGB) zum Zuge kommen. Z.T. wird vertreten, dass sie nur insoweit zu beachten sind, als der Kreis der Anknüpfungen vergrößert wird, nicht aber, wenn er verkleinert würde. Nach dieser Auffassung ist der renvoi nicht zu beachten, wenn seine Beachtung zur Nichtabstammung des Kindes führen würde.


II. Anfechtung der Abstammung

Bezüglich der Anfechtung der Abstammung (insbes. der Ehelichkeit, aber auch der Vaterschaftsanerkennung) besteht eine eigene Kollisionsnorm. Für sie gilt Alternativität und Wandelbarkeit: Die Abstammung kann nach jedem Recht angefochten werden, aus dem sich ihre Voraussetzungen ergeben (Art. 20 S. 1 EGBGB). Darin liegt eine Verweisung auf Art. 19 EGBGB; es besteht eine strenge Akzessorietät. Insoweit folgt das Anfechtungsstatut auch der Beachtlichkeit der Rück- und Weiterverweisung (Art. 4 I EGBGB) beim Abstammungsstatut.

Das Kind kann die Abstammung in jedem Fall auch nach dem Recht des Staates anfechten, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 20 S. 2 EGBGB). Diese zusätzliche Anfechtungsmöglichkeit des Kindes wird z.T. als Sachnormverweisung eingestuft (aA Palandt/Heldrich Art. 21 EGBGB Rn. 1).

Besteht eine Vaterschaft einer Person nur nach einer der jeweiligen Rechtsordnungen, so kann die Anfechtung nur nach diesem Recht erfolgen.

C. Nichteheliche Abstammung und Ansprüche der Mutter

Bei einer nichtehelichen Geburt können Ansprüche der Mutter auf Zahlung der Entbindungskosten und auf Ersatz weiterer Aufwendungen entstehen (vgl. § 1615k BGB). Die Verpflichtungen des Vaters gegenüber der Mutter auf Grund der Schwangerschaft unterliegen (wandelbar) dem Recht des Staates, in dem die Mutter jeweils ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 19 II EGBGB).


D. Zustimmungsstatut (Art. 23 EGBGB)

Wie bei anderen Statusänderungen ist auch hier das Zustimmungsstatut zu ermitteln. Die Erforderlichkeit und die Erteilung der Zustimmung des Kindes und einer Person, zu der das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, zu einer Abstammungserklärung unterliegen nach Art. 23 S. 1 EGBGB zusätzlich zu Art. 19 EGBGB dem Recht des Staates, dem das Kind angehört. Es kommt also auf das Heimatrecht des Kindes an. Ob Rück- und Weiterverweisung nach Art. 3 I 2 EGBGB nicht zu beachten sind, ist str. (verneinend etwa Palandt/Heldrich Art. 23 EGBGB Rn. 2). Soweit es zum Wohl des Kindes erforderlich ist, ist nach der Ausnahmevorschrift des Art. 23 S. 2 EGBGB statt dessen das deutsche Recht anzuwenden.


E. Intertemporale Regelung


Eine eigene Übergangsbestimmung ist nicht vorhanden. Daher ist Art. 223 EGBGB, der die Übergangsbestimmungen zur Reform des Kindschaftsrechts enthält, entsprechend anzuwenden. Dementsprechend ist das Abstammungsstatut für vor dem 1.7.1998 geborene Kinder nach altem IPR zu bestimmen; für später geborene kommt es auf das neue Recht an. Ausgenommen ist die Vaterschaft zu einem Kind, das vor dem Inkrafttreten geboren wurde; insofern bleibt es insgesamt beim alten Recht.

i/IPRPAP/abstam - 23.11.2006





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