ÖKUMENISCHER GOTTESDIENST VON RECHTER UND FALSCHER SORGE ÜBERMÄSSIGER KONSUM








ÖKUMENISCHER GOTTESDIENST VON RECHTER UND FALSCHER SORGE ÜBERMÄSSIGER KONSUM

Ökumenischer Gottesdienst


Von rechter und falscher Sorge


Übermässiger Konsum entsteht aus der Angst des Individuums zu kurz zu kommen. Diese Begierde einzelner stellt die Bedürfnisse vieler infrage. Der Gottesdienst motiviert zur gemeinsamen Sorge um das Wohl aller.

Autoren:

Jan Tschannen, Brot für alle

Nassouh Toutoungi, christkatholischer Pfarrer, Biel

Eingangswort

Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?“ (Mt 6,26)

Psalm 139

Dieser Psalm passt besonders gut zu unserem Thema, weil er uns an eine Grundhaltung des christlichen Lebens erinnert: das Vertrauen in Gott, dass er gegenwärtig ist und sich um unsere Bedürfnisse kümmert.

Gebet zur Umkehr

Barmherziger Gott, du weisst besser als wir selbst, was wir brauchen. Dein Sohn hat uns gesagt, dass wir mehr wert sind als die Vögel des Himmels. Wir bitten dich: Hilf uns, unsere Blicke zu ändern und zu sehen, was wirklich nottut. Hilf uns, über unsere Ängste und Zweifel hinauszugehen, um offen zu sein für die Bedürfnisse der Menschen in der Nähe und in der Ferne. Denn wir leben alle zusammen auf dieser Erde, mit begrenzten Ressourcen. Lass uns Wege finden, die vorhandenen Ressourcen gerecht aufzuteilen, und die Gerechtigkeit leben, die von dir kommt.

Durch Jesus, den Christus, unseren Herrn und Bruder.

Amen.

Lied

KG 67/RG 212/CG 750

O Herr, nimm unsere Schuld

Lesung

Mt 6,25–34


Predigt

«Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.» (Mt 6,33)

Meine Bedürfnisse genau anschauen

Was brauche ich in meinem Leben? Was liegt meinen Bedürfnissen zugrunde? Unsere Bedürfnisse erinnern uns an unsere Abhängigkeit von den Früchten der Schöpfung. Anders können wir uns nicht ernähren. Genauso aber brauchen wir auch unsere Mitmenschen, denn wir sind Wesen, die dazu bestimmt sind, mit anderen zusammenzuleben. Unsere eigenen Bedürfnisse zu stillen, ist das Wichtigste zum Leben, zum Überleben. Aber weil die anderen auch Teil meiner Bedürfnisse sind, muss ich ein Gleichgewicht finden zwischen meinen eigenen Bedürfnissen und jenen der anderen. Ihre Bedürfnisse sollen durch meine Ansprüche nicht unterdrückt werden.

Es wird zum Problem, wenn meine eigenen Bedürfnisse einen unangemessenen Platz einnehmen und ich nur noch diese sehe. So entsteht der Kummer, die falsche Sorge, von der das heutige Evangelium spricht.

Relativieren der Angst, zu kurz zu kommen

Im Grunde ist es die Angst, zu kurz zu kommen, nicht genug zu haben, die mich umtreibt. Die heutige Wirtschaft, besonders praktiziert von multinationalen Konzernen, nutzt diese Angst. Und wir lassen uns von dieser Angst erhaschen. Unser Wirtschaftssystem nutzt diese Angst, um uns zum Konsum zu drängen. Es vermittelt mir die Illusion, dass ich nicht glücklich sein kann, wenn ich dies oder das nicht besitze. Es lässt mich glauben, dass ich dann etwas verpasse, dass mir etwas fehlt.

So wird eine gesellschaftliche Schranke zwischen Arm und Reich geschaffen: zwischen denjenigen Menschen, welche die Mittel haben, um ihrer Begierde nachzugeben, und denjenigen, welche diese Möglichkeit nicht haben. In diesem System vermischen sich Begierde und Bedürfnisse. Ich vergesse, dass es nicht nur „meine“ Bedürfnisse als Individuum gibt, sondern auch „unsere“ Bedürfnisse als gesamte Menschheit.

Die echten Bedürfnisse erkennen

Aus dieser Sichtweise wird meine Sicht auf meine Bedürfnisse auf den Kopf gestellt, denn: Mein Bedürfnis, zu essen und zu trinken, geht nicht ohne die Sorge darum, dass alle zu essen und zu trinken haben. Mein Bedürfnis nach einer Unterkunft geht nicht ohne die Sorge, dass alle ein Dach über dem Kopf haben. Man kann das Bedürfnis des Individuums nicht von denjenigen der Summe der Individuen, der Gesellschaft, trennen.

Multinationale Konzerne sind in derselben fatalen Logik gefangen wie die Individuen: Anstatt einfach auf die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten zu antworten, laufen sie Gefahr, nur noch eine Sorge zu haben: ihr Bedürfnis, zu wachsen, befriedigen zu wollen. Wachstum um jeden Preis, auf Kosten ihrer Umwelt, einer zerstörten Natur und der Ausbeutung von Menschen.


Einige unter ihnen verletzen die Menschenrechte, um ihren Durst nach Profit zu stillen: zum Beispiel wenn lokale Bevölkerung von ihrem Land umgesiedelt wird, um Bodenschätze abzubauen, ohne dass ihnen eine ordentliche Kompensation gegeben wird, wie es die internationalen Übereinkommen bereits verlangen. Denn diese Regeln können einfach umgangen werden. Die Rechte der lokalen Bevölkerung werden nicht respektiert und durch Schweizer Firmen werden Vergehen an der Umwelt begangen. Unsere Bedürfnisse, nein vielmehr unsere Begierden in der Schweiz unterdrücken die Bedürfnisse der Menschen im Süden. Die Begierden weniger stellen die Bedürfnisse vieler infrage.

Sich den anderen öffnen

Sich gegenüber den anderen zu öffnen heisst nicht, sich selbst zu verlieren oder seine eigenen Bedürfnisse zu verneinen. Im Gegenteil, wenn ich offen bin für die Nöte und Sorgen anderer, werde ich gesellschaftsfähig. Das verschafft mir die Möglichkeit, mein Bedürfnis nach Anerkennung und Teilhabe zu stillen, ich höre die Sorgen anderer, aber auch meine Sorgen werden gehört. So kann aus der gemeinsamen Sorge eine gemeinschaftliche werden, eine Sorge, die nicht dem Einzelnen, sondern eben der Summe aller Individuen, der Gemeinschaft dient.

Mit der Konzernverantwortungsinitiative richten sich die Organisationen, die sie unterstützen, an uns Bürgerinnen und Bürger. Es liegt an uns, mit Gott zusammenzuarbeiten, um sein Reich zu errichten, indem wir Gerechtigkeit fordern. Wir können unsere Verantwortung auch wahrnehmen, wenn wir bevorzugt Produkte aus fairem Handel einkaufen, wie etwa das von Max Havelaar zertifizierte Gold.

Das sind kleine Schritte zu mehr Gerechtigkeit. Indem wir uns den Bedürfnissen der anderen öffnen, erfüllen wir Gottes Willen und vertrauen auf ihn für unsere Bedürfnisse jedes neuen Tages: «Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.» (Mt 6,33).

Lied

KG 592/RG 833/CG 899

Komm in unsere stolze Welt


Fürbitte

Gott des Himmels und der Erde, wir Menschen sehnen uns nach dem Himmel. Wir sehnen uns nach dir. In Jesus Christus kommst du uns aus dem Himmel entgegen und nimmst mit ihm unsere Bitten und Sorgen zu dir in den Himmel auf.

Wir bitten dich:

Für die Menschen, die nicht genug haben: dass sich für sie der Himmel auf Erden öffnet.

Für die, denen dein Himmel unglaublich weit weg erscheint, die das Hoffen und Beten aufgegeben haben: Lass dich neu von den Menschen entdecken, die dich verloren haben.

Für die Menschen, die aneinander vorbeireden: dass sie unter deinem Himmel eine neue Sprache sprechen.

Für alle, die hoch hinaus wollen und tief stürzen; für alle, die ihre Grenzen überschreiten und sich überfordern: Lass sie ihre Grenzen annehmen und darin gelassen leben.

Für diejenigen, die deinen Verheissungen trauen und den Himmel anderen Menschen weiterschenken. Lass sie leuchten in deinen Augen, dass sie viele werden und ihre Zahl wächst.

Gott des Himmels und der Erde, mit unseren Bitten stehen wir fest auf dem Boden unseres Lebens und dieser Welt. Und doch richten wir uns auf und setzen unsere Hoffnung auf dein offenes Ohr, auf deine segnende Hand.

Mit den Worten, die du uns durch Jesus Christus gelehrt hast, bitten wir dich gemeinsam:

Agapefeier

Im Teilen des Brotes verbinden sich unsere eigenen Bedürfnisse mit den Bedürfnissen einer Gemeinschaft. Deshalb schlagen wir vor, den Gottesdienst mit einer Agape abzuschliessen. Je nach Situation und Ort (Kirche oder Kirchgemeindesaal) kann die Agape im einfachen Teilen von Brot und Wein bestehen oder als einfaches Essen im Rahmen eines Suppentages gestaltet werden.


Segnung der Speisen

Gott, Quelle des Lebens. Wir bitten um deinen Segen für diese Speisen (Brot und Wein). Sie laden uns ein an den gemeinsamen Tisch und verbinden uns miteinander und mit den Menschen, die sie uns zubereitet haben. Wir danken dir dafür und für alles, was uns leben und in gutem Geist zusammenleben lässt. Lass uns nicht vergessen, dass im Reich Gottes ausnahmslos alle an diesen Tisch geladen sind. Alle sollen essen und trinken, alle sollen bekommen, was sie zum Leben brauchen. Lass uns im Alltag Mass nehmen an dieser Vision. Segne mit diesen Gaben auch uns, damit wir fähig sind, die Sorge um unser tägliches Brot mit der Sorge für das Wohl aller zu verbinden.

Lied

KG 577/RG 638/CG 330

Herr, gib uns unser täglich Brot

Vater unser / Unser Vater

Teilen des Brotes/der Speisen

Beim einfachen Teilen des Brotes kann hier Instrumentalmusik eingespielt werden. Wenn die Agape mit einem Essen verbunden ist, wird eingeladen zu Tischgesprächen.

Dank

Gott, wir durften im Namen Jesu beisammen sein und miteinander essen und trinken. Unser Bedürfnis nach Nahrung, nach Gemeinschaft und Aufgeboben sein wurde gestillt. Dafür danken wir dir. Lass uns aus dieser Erfahrung der Teilhabe offen sein für die Bedürfnisse der anderen und hineinwachsen in die gemeinsame Sorge für das Wohl aller Menschen.

Lied

KG 448/RG 668/CG 882

In der Welt habt ihr Angst


Sendung

Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage. (Mt 6,34)

Doch sorgt euch um eure Nächsten, hier und anderswo, damit das Reich Gottes wahr werde.

Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. (2 Tim 1,7)

Segen

Gott segne dich und behüte dich,

Gott lasse sein Gesicht leuchten über dir und sei dir gnädig,

Gott wende sich zu dir und schenke dir Frieden! (Num 6,24–26)

Durch die Sorge für die Gemeinschaft werden alle satt.






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