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Gz BKA-VA.C-382/08/0002-V/7/2011

Abteilungsmail [email protected]

bearbeiter Herr Mag Dr Gerald EBERHARD

Pers. E-mail [email protected]

Telefon 01/53115/2316

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An

die Parlamentsdirektion,

alle Bundesministerien,

alle Sektionen des BKA,

die Ämter der Landesregierungen und

die Verbindungsstelle der Bundesländer


Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail



Betrifft: Urteil des EuGH vom 25. Januar 2011 in der Rechtssache C-382/08,

Neukirchinger; Durchführung gewerblicher Ballonfahrten; Rundschreiben



1. Urteilstenor

Mit Urteil vom 25. Januar 2011 in der Rechtssache C-382/08, Neukirchinger1, hat der EuGH für Recht erkannt, dass das Diskriminierungsverbot gemäß Art. 12 EG [jetzt: Art. 18 AEUV] einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen steht, die für die Durchführung von Ballonfahrten in diesem Mitgliedstaat unter Androhung von verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen im Fall der Nichtbeachtung dieser Regelung

2. Ausgangsverfahren

Über Herrn Neukirchinger, einen Inhaber einer in Deutschland erteilten Betriebsgenehmigung zur Beförderung von Personen und Sachen mit Ballonen im gewerblichen Luftverkehr, wurde von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen eine Verwaltungsstrafe verhängt, weil er in Oberösterreich Fluggäste mit einem Heißluftballon im gewerblichen Luftverkehr vorschriftswidrig ohne Beförderungsbewilligung gemäß §§ 104 ff des österreichischen Luftfahrtgesetzes (LFG) und ohne Betriebsaufnahmebewilligung gemäß § 108 LFG befördert hatte. Herr Neukirchinger erhob dagegen Berufung vor dem UVS Oberösterreich. Dieser richtete mehrere Fragen an den EuGH zur Auslegung der Dienstleistungsfreiheit im Hinblick auf die im LFG vorgeschriebenen Erfordernisse eines Wohnsitzes oder Gesellschaftssitzes im Inland und einer (weiteren) österreichischen Bewilligung zur Durchführung gewerblicher Ballonfahrten.

3. Zusammenfassung der Urteilsbegründung

Der EuGH stellt einleitend fest, dass eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren fragliche in den Bereich des Verkehrs und im Besonderen in den Bereich der Luftfahrt nach Art. 80 Abs. 2 EG [jetzt: Art. 100 Abs. 2 AEUV] fällt. Was den freien Dienstleistungsverkehr betrifft, gilt Art. 49 EG [jetzt: Art. 56 AEUV] gemäß Art. 51 Abs. 1 EG [jetzt: Art. 58 Abs. 1 AEUV] nicht als solcher für den Bereich der Luftfahrt.

Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2407/92 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen sind zwar Betriebsgenehmigungen für Luftfahrtunternehmen vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen, insbesondere, wenn die Beförderung von Fluggästen mit Luftfahrzeugen ohne Motorantrieb, also auch mit Heißluftballonen, erfolgt. Wie jedoch aus den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 2407/92 hervorgeht, wurde mit dem Erlass dieser Verordnung das Ziel verfolgt, eine Luftverkehrspolitik für den Binnenmarkt festzulegen, der einen Raum ohne Binnengrenzen umfasst, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Diese weite Zielsetzung umfasst auch grundsätzlich eine Beförderung von Fluggästen mit Heißluftballonen im gewerblichen Luftverkehr.

Demnach ist der Ausschluss in Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2407/92 zwar offensichtlich dadurch zu erklären, dass die Besonderheiten des Luftverkehrssektors es nicht rechtfertigen, dass eine Beförderung von Fluggästen mit Heißluftballonen im gewerblichen Luftverkehr den Vorschriften dieser Verordnung unterliegt; daraus folgt aber nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit diesem Ausschluss eine solche Beförderungsart gänzlich vom Anwendungsbereich des Vertrags ausnehmen wollte. Folglich fällt eine Beförderung von Fluggästen mit Heißluftballonen im gewerblichen Luftverkehr in den Anwendungsbereich des Vertrags und unterliegt demnach einer allgemeinen Vorschrift dieses Vertrags wie dem Art. 12 EG [jetzt: Art. 18 AEUV].

Was das Erfordernis eines Wohnsitzes oder Gesellschaftssitzes in Österreich betrifft, führt dieses nach Auffassung des EuGH zur einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, weil die Gefahr besteht, dass es sich hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirkt, da Gebietsfremde meist Ausländer sind. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

In Bezug auf das Erfordernis einer weiteren Bewilligung hatte Österreich im Verfahren versucht, dieses unter Hinweis auf das Interesse am Schutz des Lebens und der Gesundheit der beförderten Personen und an der Sicherheit der Luftfahrt sowie darauf, dass die Prüferfordernisse für die Herrn Neukirchinger in Deutschland erteilte Bewilligung und die Erfordernisse in Österreich im Ergebnis nicht inhaltsgleich sind, zu verteidigen. Dazu hält der EuGH fest, dass es nicht seine Aufgabe ist, über eine Beurteilung des vorlegenden Gerichts in Bezug auf die Ähnlichkeit der Regelungen der beiden betroffenen Mitgliedstaaten über die Voraussetzungen für die Erteilung der fraglichen Bewilligungen zu befinden, und er von den Feststellungen des vorlegenden Gerichts auszugehen hat. Was den Schutz der von Österreich relevierten Interessen betrifft, stellen diese nach Auffassung des EuGH zweifellos rechtmäßige Ziele dar. Dass ein Mitgliedstaat eine Person wie Herrn Neukirchinger dazu verpflichtet, eine weitere Bewilligung zu erwirken, ohne dass angemessen berücksichtigt wird, dass die Prüferfordernisse im Ergebnis inhaltsgleich mit denen für die Bewilligung sind, die dem Betreffenden im zweiten Mitgliedstaat bereits verliehen wurde, ist jedoch im Hinblick auf die verfolgten rechtmäßigen Ziele nicht verhältnismäßig.

4. Anmerkung

Soweit die Bestimmungen des LFG nach Maßgabe des vorliegenden Urteils gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, dürfen sie aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs nicht mehr angewandt werden und sind aufgrund der unionsrechtlichen Rechtsbereinigungspflicht auch legistisch entsprechend abzuändern.


31. Jänner 2011

Für den Bundeskanzler:

HESSE


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